Brezenknödel und Airbags

Ich war schon als Kind gegenüber kulinarischen Genüssen auffällig offen gesinnt. Zudem hatte ich das Glück, dass mein Leibesumfang – trotz ausschweifender Gelage – barmherzig mit mir umging. Ich konnte essen, was ich wollte und brachte es stets fertig, das Ganze in die selbe Hose zu zwängen. Mittlerweile bin ich im Mittelalter angelangt und mein Körper findet, dass man dies nun auch optisch ins entsprechende Licht rücken sollte. Im Klartext heisst das: Er breitet sich aus und zwar genau da, wo ich es nicht haben will. Er schmückt sich mit Airbags rund um den Bauchnabel und versieht meine Unterarme mit zusätzlichen Polstern, die jeweils freundlich nicken, wenn ich jemandem zuwinke.

Seit ich in Bayern lebe, ist es unmöglich den BMI (Bodymassindex) auf einem gesunden Level zu halten. Vor allem, wenn man ein Genussmensch ist. Während Restaurantbesucher in der Schweiz Unsummen für ein gedämpftes Rüebli und drei Nudeln bezahlen, häufen sich die Speisen auf den bayrischen Tellern. Krustenbraten suhlt sich in der Schwammerlsosse neben dem Rotkraut, während die Brezenknödel versuchen, das Ganze in Schach zu halten. Mengenmäßig könnte sich eine ganze Familie davon ernähren. Wiederum ist es meine Höflichkeit, die diese Nahrungspracht vollständig verspeisen lässt. Andere leiden Hunger, also wird aufgegessen. Als weiteres Argument füge ich gerne im Schweizer Jargon an: “Es isch eifach fein!” Wenn dann der Inhalt des Tellers in Richtung bereits erwähnter Airbags verschwunden ist, macht sich der Durst bemerkbar. Da versteht es sich doch von selbst, dass ich diesen mit einem Russen lösche, sprich 1/2 Liter Weissbier mit Limonade.

Zusammenfassend hat nicht mein fortschreitendes Alter, sondern Bayern mit seiner deftigen Küche mit der Veränderung meiner Silhouette zu tun! Also habe ich mich entschlossen, ernährungstechnisch einzugreifen. Ich verlasse mich auf meine eigene Kocherei. Ich fülle Cannellonihüllen mit Ricotta und Spinat, paniere Putenschnitzel, stampfe Kartoffel oder rühre Kokusmilch in die Kürbissuppe. Nebenbei werden neue Tortenrezepte ausprobiert. Soweit so gut und im Bereich der Kalorien etwas akzeptabler, wäre da nicht meine nervige Angewohnheit, die Reste zu vertilgen. Wie´s scheint, bleibt nur noch die Alternative Sport zum Erreichen einer Bikinifigur. Da habe ich aber bereits zwei Gegenargumente parat: Erstens ist die Sommersaison vorbei und zweitens habe ich mir ein Rückenleiden zugezogen. Also gebe ich mich geschlagen. Ich bin und bleibe ein Genussmensch: En Guete!

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