Als Überraschung wollte ich vor ein paar Tagen meinen Ehemann vom Flughafen abholen. Ich informierte die Kinder über mein Vorhaben, warf mich in Schale und machte mich bei strömendem Regen viel zu früh zur Bushaltestelle auf. Die rund 90-minütige Fahrt mit der S-Bahn verbrachte ich ziemlich aufgeweicht. Mit Lesen und dem gedanklichen Ausmalen des nahenden Ereignisses verging die Zeit trotzdem einigermassen schnell.
Am Flughafen angekommen, stürmte ich sofort in Richtung Terminal. Da ich überpünktlich ankam, befeuchtete ich meine trockene Kehle mit einem Süssgetränk. Schliesslich wollte ich mit klarer Stimme ein “Juhuuu” von mir geben. Gleichzeitig verfolgte ich die Flugroute meines Mannes via App auf dem Handy, was meinen Akku deutlich beeinträchtigte. Mit Schrecken stellte ich fest, dass er nur noch 3 Prozent betrug. Meine Aufregung war mir wohl anzusehen, denn die Tischnachbarn warfen mir mehrmals verständnislose Blicke zu.
Endlich klärte mich die Anzeigetafel über die Ankunft des Fluges von Köln auf. Kurze Zeit später teilte mir mein Mann über Textnachricht mit, dass er gelandet sei. Dies war der endgültige Startschuss für die Positionierung meiner Wenigkeit vor dem Ausgang. Natürlich antwortete ich nicht auf die Zeilen meines Ehemannes. Ich hatte ihm nämlich vorgeflunkert, dass ich mit einer Bekannten im Kino sei.
Ich stand in der zweiten Reihe. Schliesslich wollte ich das Feld von hinten aufrollen. Von dort beäugte ich aufgeregt alle Menschen, die aus dem Ausgang stürmten. Ich hatte die Situation voll im Griff! Bis just zu dem fatalen Moment, als mich eine junge Frau um eine Information bat! Was denn diese grünen Lichter auf der Anzeigetafel bedeuten würden? Bereitwillig erklärte ich ihr das Flug-Lande-Gepäcksystem. Sie strahlte, als sie feststellte, dass es für die Begrüssung ihres Besuches noch nicht zu spät war.
Nach einer Stunde stand ich immer noch dort und musste mit ansehen, wie sich Leute glücklich in die Arme fielen. Von meinem holden Gatten keine Spur! Die Erkenntnis fiel mir wie Schuppen von den Augen – er musste mir im Moment der Ablenkung entwischt sein! Da wartete ich, unwissentlich bestellt und nicht abgeholt. Akku inzwischen auf 2 Prozent. Nun war ich gezwungen mich zu outen, aber wie? Sein Telefon war dauernd besetzt und meines bald tot! Rund 20 wertvolle Minuten später erreichte ich ihn endlich. “Wo bisch du?”, fragte ich ihn mit inzwischen wieder trockener Kehle. Er freute sich, mich zu hören: “Ich bin auf der Autobahn und schon beinahe bei dir zu Hause!” “Das glaube ich kaum! Ich stehe nämlich am Flughafen!” Betretenes Schweigen…
Da mein Ehemann ein netter Mensch ist, fuhr er wieder zurück. Am Flughafen fand er mich endlich – eine enttäuschte, vereinsamte Ehefrau! Wer wollte jetzt wen abholen?
Als positiv denkendes Individuum gab ich jedoch nicht auf! Daher habe ich ihm tags darauf einen Blumenstrauß in sein Büro liefern lassen. Ich wollte ihm unbedingt eine Überraschung bereiten. Wie’s scheint, bin und bleibe ich ein Pechvogel! Trotz Expresslieferung vor 12 Uhr erreichte ihn der Strauss nicht mehr. Durch seinen Anruf erfuhr ich, dass er am Nachmittag aufgrund einer auswärtigen Besprechung nicht mehr ins Büro zurückkehren würde… Zum Glück gibt’s noch zuverlässige Sekretärinnen, die sich rührend um den Strauss gekümmert haben. Nach dem Abhol-Disaster vom Flughafen wollte ich meinem Mann nicht auch noch welke Blumen unterjubeln.
Inzwischen steht der Strauss in unserem Wohnzimmer. Immer noch ansehnlich, so dass auch ich mich an ihm erfreuen darf. Verdient habe ich es mir doch auch ein bisschen, oder?