Da wo sich Europa und Asien küssen, da küssen wir uns auch und zwar mitten auf dem Bosporus. Mein erkälteter Göttergatte und meine Wenigkeit verbringen ein Wochenende in Istanbul. Ein Geburtstagsgeschenk von ihm an mich. Was mich in dieser orientalisch angehauchten Stadt erwarten würde, wollte ich schon immer wissen.
Angefangen hat das Abenteuer mit einer zweistündigen Wartezeit in dem ausgesessenen Sitz eines türkischen Flugzeuges. Erwähnenswert waren die für uns wenig informativen Durchsagen auf türkisch. Der Pilot bemühte sich zwar diese Informationen in einer quasi stenotypen Version von Englisch wiederzugeben. Infolge des unverständlichen Genuschels desselbigen war es hörtechnisch nicht klar, was genau er uns sagen wollte. Die lange Wartezeit könnte sich auf den dichten Nebel beziehen, mutmaßten wir. Zum ‘fremdschämen’ der Applaus, als die Turbinen endlich aufheulten und leider das selbe dämliche Ritual bei der Landung. Istanbul, wir sind hier!
Gutgelaunt stiegen wir ins erste, gelbe Taxi und gaben dem Fahrer die Adresse unseres Hotels. In nahezu atemberaubendem Enthusiasmus kurvte der Fahrer in Richtung Stadt, während er dauernd am Handy rum tippte. Meine Vermutung, er würde sich mit seiner neuen Errungenschaft austauschen, wurde im Keim erstickt. Der Taxifahrer hielt uns plötzlich sein Telefon unter die Nase. “pfund dollar euro lira”, stand da. Aha, er wollte wissen, in welcher Währung wir zu zahlen gedachten. “We pay in Lira”, war unsere Antwort. Ratlosigkeit bei unserem Chauffeur, was ihn wohl zu einem Anruf veranlasst haben musste. Denn kurz nach dem Gespräch tippte er weiter, während er bedrohlich nahe an der Stoßstange eines anderen Verkehrsteilnehmers zum Halten kam. Wir durften erneut auf seinem Handy lesen: ’30 Pfund Taxi Fare!’ Totale Irritation unsererseits! War es möglich, dass man uns bereits über den Tisch, resp. übers Lenkrad ziehen wollte? Nicht mit uns! Wir bezahlten nach Taxameter und haben dem leicht verärgerten Fahrer für seine unehrenhaften Bemühungen dennoch 5 Lira Trinkgeld gegeben.
Nachdem wir das Hotelzimmer bezogen hatten, führte uns der Weg unvorhergesehen direkt in eine Shoppingmeile von Istanbul. Wahnsinnig viele Leute bevölkerten plötzlich die Straße. Restaurants, Kleidergeschäfte, fahrbare Essstände, Süsswarenläden soweit das Auge reichte. Von Zeit zu Zeit durchtrennte eine altertümliche, rote Tram die Meschenmengen. Der Duft nach Essbarem hat uns dann natürlich zum Verzerr eines Kebabs verleitet, dessen Inhalt ich leider ziemlich schnell auf meiner Jacke wieder gefunden habe. Die nett gemeinte Wegwischaktion meines geliebten Ehemannes haben das Übel noch vertieft. Gut war das Kebab trotzdem. Auch türkischer Honig in jeglichen Geschmacksrichtungen haben wir probiert und die kulinarischen Errungenschaften mit einem Çay optimiert.
Leider zwang uns die starke Erkältung meines Mannes früher als geplant ins Hotel zurück. Das Gurgeln im Flieger mit einem Raki hatte nur bedingt geholfen.
Ausgeruht, fieberfrei und nach ausgiebigem Frühstück machten wir uns erneut auf den Weg. Diesmal wollten wir den Topkapipalast und diverse Moscheen besuchen. Mein Vorschlag, uns sportlich zu betätigen und deshalb auf dubiose Taxidienste zu verzichten, wurde angenommen.
Wir marschierten also zielorientiert durch die Gegend. Das Überqueren der Straßen erforderte zwar eine gewisse, suizide Voraussetzung. Wir haben den Kampf mit den Zwei- und Vierrädern zum Glück heil überstanden.
Es gab enorm viel zu sehen. Leute, Tiere, Gebäude, Autos. Meinem wachsamen Auge entging deshalb auch das Runterfallen der Bürste eines Schuhputzers nicht. Meine Höflichkeit rief den davonschlurfenden Schuhputzer zurück und drückte ihm die Bürste in die Hand. Wie der sich gefreut hat! “Allah sei Dank”, rief er aus, während er meinem verdutzten Gatten und mir die Hand küsste. Ali wäre sein Name und wie wir uns nennen würden, wollte er wissen. Und weil er sich so sehr über die wiedergefundene Bürste freute, putze er unaufgefordert und ziemlich schlampig die Schuhe meines Mannes. Auch vor meinen Turnschuhen machte er keinen Halt und bohnerte auch diese. Derweil erklärte er uns, dass er von Allah mit 5 Kindern gesegnet sei, wovon eines leider ‘kaputte’ Augen hätte. Daher müsse er für seinen Schuhputzservice 19 Lira pro Person verlangen. Meine Intervention stieß auf taube Ohren. Schlussendlich haben wir dem Gauner 15 türkische Lira in die Hand gedrückt und sind zähneknirschend davongezottelt. Ich bin mir nicht sicher, ob sich Allah über diesen abzockenden Laienschauspieler freut. Wir jedenfalls tun’s nicht.
Der Tag verlief ansonsten positiv. Wir erfreuten uns über das Wetter, das uns keinen Regen beschert hat, über das gute Essen, den Granatapfelsaft (der zwar für uns 10 Lira statt 5 gekostet hat) und die schönen Moscheen. Als Rehabilitierung des türkischen Geschäftsmannes muss ich allerdings noch folgendes vermerken: Ein Taxifahrer hat uns abgeraten, ein etwas weiter entferntes Restaurant zu beehren. Die Fahrt dahin sei viel zu teuer. Bereitwillig zeigte er uns, wo sich das andere Restaurant befand, das wir als Alternative in der Nähe ausgesucht hatten. Dies war zu Fuß bestens erreichbar. Mit einem Lächeln und ohne Verdienst verabschiedete sich der Taxifahrer. Sowas gibt es also auch in Istanbul!
Istanbul, die Stadt der Gegensätze. Dort wo Europa auf Asien triff und dort, wo wir nun auf der Galata Brücke über dem Bosporus stehen. Glücklich und erfüllt von vielen, verschiedenen Eindrücken. Ein schöner Grund, sich zu küssen.