Nichts im Leben hat Bestand, schon gar nicht das Leben an sich! Es fällt uns äusserst einfach, diese Tatsache unter den Teppich zu kehren. Ja, wir Menschen sind sogar Meister der Verdrängung… durchleben mehr oder weniger sorgenfrei den Alltag, lassen uns treiben und verschliessen gerne die Augen vor der schonungslosen Realität! Na ja, den meisten Mitmenschen ergeht es so… das selbstauferlegte Protokoll schreibt es uns vor. In meinem konkreten Fall hiess dies lange Zeit: Erst mal erwachsen werden, einer Arbeit nachgehen, im Optimalfall einer, bei der man sich entfalten kann, sich verlieben, Kinder kriegen, den Ehemann lieben bis der Tod das Band durchschneidet. Der ganz normale Wahnsinn halt! Ein Leben in geordneten Bahnen, ohne nennenswerte Ereignisse, beispielhaft, unspektakulär sowie unauffällig.
So war’s für mich vorgesehen, dahingehend wurde ich erzogen! Fast hätten die mir anerzogenen Gepflogenheiten Früchte getragen, aber eben, nur fast! Ich habe mein Leben in neue Bahnen geleitet, einmal und ein zweites Mal! Diese Entscheidungen haben mich jedoch zu dem gemacht, was ich heute bin. Sie haben mich von der Schweiz weg zu meiner grossen Liebe geführt, geradewegs nach Bayern, samt Kind und Kegel!
Ich schaue aus dem Fenster und betrachte den prall gefüllten bayrischen Quittenbaum, der sich beregnen lässt. Die gelben Früchte und die rotwangigen Äpfel des Nachbarn trotzen dem langweiligen Grau des heutigen Tages. Die Radiosprecherin verkündet gerade eine demnächst nächtliche Kälte von 2 Grad. In der Schweiz beginnen sich die Blätter des chinesischen Ahorns in meinem ehemaligen Garten in ein atemberaubendes Rot zu verwandeln. Ich weiss das, weil ich dieses Spektakel zweimal erleben durfte, bevor ich ihn verliess. Ich gucke weiterhin aus dem Fenster und entdecke einen hellen Streifen am Horizont, der die tristen Wolken mit Bestimmtheit auf die Seite drängt, um dem zarten Blau einen Blick auf uns zu gewähren. Wie sich das Wetter wohl in meinem geliebten Heimatland Schweiz präsentiert? App sei Dank, sonnig, 11 Grad, nachts immerhin 6.
Meine Tochter unterhält sich in fröhlichem Schwiizerdütsch via FaceTime mit einem Bekannten aus der Heimat. Ich höre beide lachen und ich muss schmunzeln. Meine Kinder wie auch ich leben in zwei verschiedenen Welten! Physisch seit einem Jahr im wunderschönen Bayern, 350 Kilometer von unserem alten nicht minder schönem Herkunftsland entfernt und virtuell immer noch in der Schweiz.
Ich schaue aus dem Fenster und mittlerweile hüpft auch hier die Sonne durch die Gegend. So riesig scheint der Unterschied nicht zu sein… immerhin nicht wettertechnisch. Was wir in Bayern alles erleben und was für Unterschiede uns zwischen der schweizerischen und deutschen Kultur auffallen, halte ich hier mit meinen Worten fest.
Ade Schwiiz – Grüss Gott Bayern!